Ein kleiner Rückblick in den letzten Monat. Mein allererster Bericht.
Ein ausverkauftes Blue Shell hatte ich noch nie erlebt, dementsprechend waren meine Erwartungen auch höher als sonst. Extra früh fuhr ich los, um auch ja noch rechtzeitig mein zurückgelegtes Ticket zu ergattern. Wie sich herausstellte, viel zu früh. Die Kasse würde erst zum Einlass öffnen. Ich nutzte die Gelegenheit also, um mich vor dem Konzert noch mit einer leckeren Steinofenpizza zu stärken.
19 Uhr. Endlich der ersehnte Einlass. Nun zu dritt konnten wir die besten Sitzplätze direkt neben der Bühne ergattern. Der Club füllte sich schnell.
Der erste Künstler mit Band – Björnsen Bear – war uns absolut unbekannt und daher konnten wir uns noch nichts genaues vorstellen. Wir gingen von einer
eher unscheinbaren Vorband aus, doch was dann passierte, haute uns alle total aus den Socken.
Björnsen Bear, bekleidet mit einem langen grauen Mantel, zerissener Hose, einem karrierten Hemd und einem auffälligen Hut mit Feder dran, trat am anderen Ende des Clubs in die Menschenmenge und schaffte es ohne Mikrofon den ganzen Raum mit seiner tiefen, rauen Stimme zu füllen. Langsam schritt er zwischen den Leuten auf die Bühne zu und sang sein Lied. Alle waren gefesselt von dieser Stimmgewalt und wir warfen uns nur überraschte und gleichzeitig total faszinierte Blicke zu. Wir fühlten uns, als wären wir urplötzlich in einem Westernfilm gelandet. Nach dem "Intro" ging es rasant weiter. Björnsen Bear nun mit Akkustikgitarre begleitet von Geige und Trommel. Eine wahnsinnig gute Kombination, die die Stimmung zum Brodeln brachte. Die Pausen zwischen den Liedern wurden für sympathische Albereien genutzt und man konnte sich das Lachen bei dem gekonnt gespielten Berliner Dialekt nicht verkneifen. Am stärksten in Erinnerung blieb der Song "Barcelona", der, wie könnte es anders sein, auf einem Trip nach Barcelona entstand. Immer wieder bekam das Publikum die Gelegenheit mitzusingen. Es ist immer toll, wenn Musiker ihr Publikum miteinbeziehen, da die Stimmung dann nochmal direkt eine andere ist. Und so kam das letzte Lied mal wieder viel zu schnell. Zum Glück gab es dann noch eine Zugabe, in der zwei weitere Künstler mit auf die Bühne geholt wurden und ein seichtes "Bye,bye" angestimmt wurde.
Bei dem zweiten Künstler – Samuel Breuer – handelte es sich um einen Singer/Songwriter, unterstützt von einer Band bestehend aus Cello, Bass und Schlagzeug. Ruhige, gehaltvolle Texte, die hauptsächlich aus dem Erlebten von Samuel erzählen, bilden das Fundament. Die Stimmung wurde etwas ruhiger und bedachter, was dem Auftritt aber nichts abtat. Einzig und allein störend fanden wir die laute Geräuschkulisse im Hintergrund, die sich anhörte wie am Bahnhof. Meine zwei persönlichen Highlights waren einmal der Song "Jedes Jahr", der davon erzählt, dass sich jedes Jahr alle Dinge wiederholen, wie zum Beispiel die Erscheinung von einem neuen Fifa oder der Suche nach dem Sinn und zum Anderen ein spontan ausgedachter Song, wo das Publikum drei Wörter nennen sollte und Samuel dann daraus ein Lied formte.
Den krönenden Abschluss des Abends zauberte Juri Rother mit seiner Band. Die bemerkenswerte Stimme des ehemaligen "The Voice of Germany" Kandidaten bleibt sofort im Kopf und erinnert uns an einigen Größen, wie zum Beispiel Xavier Naidoo. Noch mehr in den Bann zieht uns allerdings jemand anders auf der Bühne. Hier wird nämlich Gitarre und Bass von ein und der selben Person, Pierre Pihl, gespielt. Der Bass mit den Füßen und die Gitarre mit den Händen. Dazu ab und an noch ein wenig Background Gesang. Diese außergewöhnliche Kombination macht uns einfach nur sprachlos. Wir erfuhren nachher, dass es einfach nur viel Training sei und er so erst drei Jahre spielen würde. Trotzdem faszinierend. Beeindruckend ist auch die Harmonie zwischen den beiden Freunden. Perfekter Einklang. Alle Songs sind sehr gefühlvoll und es schwankt viel Erfahrung in ihnen mit. Die meisten sind sehr kritisch und sollen zum Denken anregen. Den dramatischen Höhepunkt fand dies im Lied "Brüder". Zur Sprache gebracht wird die Vergewaltigung des Sohns von seinem Vater und das dies von der Gesellschaft verharmlost wird. Der Schock über diese Zeile ist deutlich in allen Gesichtern zu sehen gewesen. Doch meiner Meinung nach dürfen Songs auch mal solche tabuisierten Themen zur Aussprache bringen. Es macht einen gutes Konzert aus, dass der Künstler die Laune zwischen lustig und ernst wechseln kann. Auch schön fand ich, dass die Band als Dankeschön den ehemaligen Schlagzeuger nochmal für drei Lieder auf die Bühne bittet.
Insgesamt ein Abend der mir in sehr guter Erinnerung bleiben wird, da alle drei Künstler/Bands etwas Besonderes an sich hatten. Toll fand ich auch, dass alle drei von der Länge her fast die selbe Spielzeit hatten und eine Zugabe geben durften, was nicht selbstverständlich ist. Die Übergänge zwischen den Liedern füllten alle gekonnt durch Geschichten aus ihrem Leben und erklärten so dem aufmerksamen Publikum, welcher Sinn sich hinter diesen verbirgt.
Was ich euch auch nicht vorenthalten darf: Juri ist die erste Band die mir untergekommen ist, die als Merchandise Socken(!!!) verkauft.
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